GESETZLICHE REGELUNGEN
Sie wollen wissen, was in den Produkten steckt? Fragen Sie nach, Sie haben das Recht dazu.
Die europäische Chemikaliengesetzgebung REACH gibt Verbraucher*innen ein Recht auf Information. Händler müssen Ihnen auf Ihre Anfrage innerhalb von 45 Tagen Auskunft darüber geben, ob ein Produkt bestimmte besorgniserregende Chemikalien enthält. („Right to know“). So können Sie eine bewusste Kaufentscheidung treffen. Die Auskunft ist kostenlos.
Die Auskunftsplicht bezieht sich auf Substanzen, die auf der so genannten REACH Kandidatenliste gelistet sind. Leider fallen nicht alle Produktgruppen unter REACH, wie zum Beispiel Kosmetikartikel.
Als besonders gefährliche Substanzen gelten Chemikalien, die
- Krebs verursachen
- das Erbgut schädigen
- die Fruchtbarkeit einschränken oder den Fötus schädigen
- nicht im Körper abgebaut werden, sich dort über einen längeren Zeitraum ansammeln und/oder giftig sind
- ähnlich schädlich sind wie die oben aufgeführten, zum Beispiel, wenn sie in das Hormonsystem eingreifen können
Fragen Sie nach, denn jede Nachfrage trägt zu einer Veränderung der Produktpolitik bei.
Richtlinien, Verordnungen und Informationen
REACH – Europäische Chemikalienverordnung
Seit Juni 2007 gilt die europäische Chemikalienverordnung REACH. REACH ist die Abkürzung für die Registrierung, Evaluierung (Bewertung) und Autorisierung (Zulassung) von Chemikalien. REACH ist das wichtigste europäische Instrument für den Schutz von Mensch und Umwelt vor gesundheitsschädlichen Chemikalien und gilt in allen Mitgliedstaaten der Europäische Union.
Mit der Einführung von REACH wurde die Industrie zum ersten Mal dazu verpflichtet, Daten über die Umwelt- und Gesundheitsfolgen ihrer Chemikalien vorzulegen. Das ist die Voraussetzung dafür, dass ein Unternehmen diese vermarkten kann. Bisher mussten schädliche Wirkungen erst vom Gesetzgeber nachgewiesen werden, bevor eine Chemikalie verboten werden konnte. Dank REACH wurde die Beweislast nun umgekehrt. Es gilt das Prinzip: Keine Daten, kein Markt.
Leider ist die Umsetzung von REACH extrem langsam und die Qualität der von der Industrie eingereichten Dossiers schlecht. Eine strengere Durchsetzung von REACH seitens der EU Staaten und der Europäischen Chemikalienbehörde ist dringend notwendig. Mehr Informationen zu REACH finden Sie unter:
Der nationalen Auskunftsstelle für Hersteller, Importeure und Anwender chemischer Stoffe, dem Informationsportal des Bundesumweltamts und der Informationsseite der EU (nur in Englisch).
EU Detergenzien-Verordnung und EU Biozidrichtlinie
Die Inhaltsstoffe von Reinigungsmitteln werden neben REACH in der europäischen Detergenzienverordnung und der Biozidrichtlinie geregelt. Ab einer bestimmten Menge müssen einige Substanzgruppen wie Konservierungsmittel, Duftstoffe oder Tenside auf der Verpackung deklariert werden, andere Stoffe sind komplett verboten. Sind Produkte z. B. reizend oder ätzend, müssen sie durch Gefahrenzeichen gekennzeichnet sein. Seit 2018 dürfen keine Biozide mehr vermarktet werden, die hormonell wirksam sind. Allerdings gibt es auch hier Ausnahmen.
EU Kosmetikrichtlinie
Alle kosmetischen Produkte sind durch die europäische Kosmetikrichtlinie geregelt. Demnach müssen alle einzelnen Inhaltsstoffe der Kosmetika auf dem Produkt genannt werden (INCI-Deklaration) mit Ausnahme von Duftstoffen. Diese werden unter dem Sammelbegriff „Duft“ oder „Parfum“ angegeben. Allerdings müssen 26 allergene Duftstoffe einzeln deklariert werden.
Welche Kosmetika auf dem deutschen Markt Nanopartikel enthalten, ist inzwischen auf der Inhaltsangabe der Produkte abzulesen, denn seit dem 11.Juli 2013 gilt für Kosmetika die Kennzeichnungspflicht. Wenn die Inhaltsstoffe in Nanogröße im Produkt eingesetzt wurden, müssen Hersteller den Zusatz “Nano” hinter den Stoff setzen, um dies deutlich zu machen
Auch in Lebensmitteln müssen Nanopartikel seit 2014 gekennzeichnet werden. In allen weiteren Produktgruppen existieren derzeit keine Vorschriften zu Nanopartikeln, obwohl die gesundheitlichen Risiken von Nanoteilchen nicht ausreichend erforscht sind.
Wozu Nanopartikel in Kosmetik?
Kosmetika sind eine spezielle Gruppe für den Einsatz von Nanopartikeln, da diese frei, also chemisch nicht gebunden, in den Produkten enthalten sind, und Verbraucher*innen direkt mit ihnen in Kontakt kommen.
Viele Sonnenschutzcremes beinhalten Nano-Titandioxid- oder Nano-Zinkoxidpartikel. Die winzigen Teilchen werden als “physikalischer Sonnenschutz” genutzt – sie reflektieren wie Milliarden kleinster Spiegel das Sonnenlicht. Auch größere Teilchen von Titandioxid und Zinkoxid haben diese Wirkung, allerdings lassen sich mit Nanopartikeln dünnflüssigere und transparente Sonnencremes herstellen. Was sich sehr gut auf der Haut verreiben lässt, ohne eine weiße Schicht zu hinterlassen, ist schwer nano-verdächtig
Nano-Aluminiumpartikel dienen in Make-Up dazu, die Haut glatter erscheinen zu lassen. Auch die als besonders kritisch zu bewertenden Kohlenstoff-Nanokugeln (Fullerene) werden in Pflegeprodukten oder so genannten anti-aging Produkten verwendet. Sie binden freien Radikale, die für die Hautalterung verantwortlich gemacht werden.
Textilien
Die EU verbietet für Textilien und Lederprodukte die Verwendung von Azofarbstoffen, die eines oder mehrere von 22 bestimmten aromatischen Aminen freisetzen können. Für andere Substanzen gibt es Höchstgrenzen, die ein Produkt enthalten darf, wie z. B. für Formaldehyd in Spanplatten. Es existieren jedoch zahlreiche Ausnahmen: So gilt beispielsweise die Höchstgrenze für Spanplatten nicht, wenn diese in Möbeln verbaut sind.
Hormonell schädliche Stoffe
Die Regelungen für hormonell wirksame Stoffe, so genannte Endokrine Disruptoren (EDCs), die Richtlinien und Verordnungen, inklusive der europäischen Chemikalienverordnung REACH, bieten keinen ausreichenden Schutz vor hormonell wirksamen Chemikalien, da diese dort als Stoffgruppe nicht erfasst sind. Hier ist dringend politisches Handeln gefordert!
EDC Ratgeber, Download
EU-Spielzeugrichtlinie
Die EU-Spielzeugrichtlinie wurde zuletzt 2009 überarbeitet und die Neuregelung für chemische Eigenschaften von Spielzeug traten im Juli 2013 in Kraft. Verboten ist die Verwendung von 55 allergenen Duftstoffen in Spielzeug, wobei Gehalte bis zu 100 mg/kg als technisch unvermeidbar angesehen werden. 11 weitere allergene Duftstoffe müssen ab einem Gehalt von 100 mg/kg deklariert werden. Es gibt inzwischen zahlreiche beduftete Spielwaren am Markt. Als Duftstoffe werden überwiegend Benzylbenzoat, Benzylalkohol, Linalool und Hexylzimtaldehyd eingesetzt. Verboten sind auch einige Schadstoffe über gewissen Grenzwerten.
Allerdings hat sich die Spielzeugrichtlinie hinsichtlich der erlaubten Grenzwerte von Schwermetallen leider verschlechtert. So ist jetzt z.B. mehr Blei erlaubt als früher. Außerdem berücksichtigt die Richtlinie keine Nanomaterialien, Neurotoxine oder hormonelle Schadstoffe. Sie bleibt daher weit hinter dem Möglichen zurück.