Was sagt eigentlich die Gesundheit, genauer gesagt, die Kindergesundheit, zu Nano- und Mikroplastik?

Die erste Gedanke ist: sonderlich erfreut wird sie nicht sein, schließlich gehört der Kontakt mit Nano- und Mikroplastik nicht zu dem, mit dem wir Menschen, zumindest in den letzten Jahrtausenden und Jahrhunderten, natürlicherweise in Kontakt kamen. Heutzutage ist das anders: Nano- und Mikroplastik sind ein Teil unserer „natürlichen“, oder sagen wir, modernen, Umgebung geworden. Daher werfen wir heute, nach längerer Zeit mal wieder einen Blick in die wissenschaftliche Welt. In ihrer Übersichtsarbeit „A children´s health perspective on nano- and microplastics“ hat sich das Autorenteam um Kam Sripada nämlich mit genau dieser Frage beschäftigt und die Ergebnisse verschiedener wissenschaftlicher Studien zusammengetragen und ausgewertet. Eine wichtige Erkenntnis: es bestehen immense Daten- und Wissenslücken.

Dass nicht nur in der Schwangerschaft, sondern auch in der (frühen) Kindheit wichtige Entwicklungsprozesse im Körper eines Kindes ablaufen, dürfte unseren regelmäßigen Leser*innen gut bekannt sein. In diesen sensiblen Entwicklungsfenstern reagieren Kinder bzw. ihr Körper sehr sensibel auf Umwelteinflüsse. Hierzu gehören auch Nano- und Mikroplastik, dessen Gesundheitseffekte bisher kaum erforscht sind. Damit sind fundamental wichtige Fragen noch offen: wie hoch ist bspw. die Menge an Nano- und Mikroplastik, die Schwangere und Kinder aufnehmen? Welche gesundheitlichen Folgen können hierdurch getriggert werden? Auch und gerade wenn wir berücksichtigen, dass Kinder, bezogen auf ihr Körpergewicht, mehr Schadstoffe aufnehmen als Erwachsene.  

Mit ihrer Auswertung von 37 wissenschaftlichen Studien, die sich mit der Exposition gegenüber (= dem Kontakt mit) Nano- und Mikroplastik in Schwangerschaft und Kindheit beschäftigt und alle Kontaktwege – über die Haut, inhalativ, oral, Weitergabe über die Plazenta oder die Muttermilch – berücksichtigt, bringen Kam Sripada und Kolleg*innen etwas Licht ins Dunkel.

Schauen wir uns also die Möglichkeiten, wie Nano- und Mikroplastik in unseren und in den Körper von ungeborenen und kleinen Kindern gelangen könnte, genauer an:

Über die Atmung

Was die Wissenschaft bisher sagen und zeigen kann: nicht nur im städtischen Kontext, sondern auch in weit entfernten Gebieten findet sich Nano- und Mikroplastik. Sie können eingeatmet werden, oder, wenn sie sich auf Oberflächen ablagern, von Kindern aufgenommen werden, da sie typischerweise ein Hand-in den Mund-Verhalten an den Tag legen.

Interessant und damit ein erster Tipp: die Konzentration von Nano- und Mikroplastik ist innen höher als außen. Unser Tipp daher: gut lüften (stoßlüften, mehrmals täglich) und ab nach draußen!

Über die Plazenta

Nano- und Mikroplastik gelangt in die Plazenta, verschiedene Studien konnten das Plastik dort nachweisen. Wie genau es in die Plazenta gelangt, ist bisher unbekannt. Wie viel in die Plazenta gelangt, das scheint wohl vom Trimester und der Schwangerschaftswoche abzuhängen. Auch hier ist leider zu konstatieren: vieles weiß man noch nicht.

Tipp: beim Essen und Trinken auf Plastikprodukte möglichst verzichten. Kosmetik ohne Mikroplastik verwenden.

Über die Nahrung

Nano- und Mikroplastik kann über die Nahrung aufgenommen werden. Was die Aufnahme über die Muttermilch anbelangt, reicht ein kurzer Satz: bisher weiß man nicht, ob Nano- und Mikroplastik über die Muttermilch weitergegeben wird oder nicht. Was man jedoch weiß: Babyflaschen aus Plastik geben Plastikpartikel ab; anscheinend auch gerade dann, wenn sie bspw. mit heißen Wasser ausgespült werden. Ein Tipp also auch hier: Babyfläschchen aus Glas, Keramik oder Edelstahl verwenden.

Tipp für die Küche: möglichst Alternativen zu Plastikprodukten verwenden.

Über die Haut

Bisherige Studien lassen schlussfolgern, dass die Wahrscheinlichkeit, dass erwachsene Haut Nano- und Mikroplastik durchlässt, gering ist. Ab dem vierten Lebensjahr baut sich diese Schutzbarriere auf. Was die dermale Aufnahme von Nano- und Mikroplastik in den jüngeren Lebensjahren anbelangt, lässt sich leider mal wieder nur festhalten: das Wissen ist sehr begrenzt. Daher hilft, wie es oft so ist: Baby- und Kinderpflegeprodukte ohne Plastikbestandteile verwenden.

Damit schließt sich natürlich die Frage an – was passiert im Körper, wenn das Nano- und Mikroplastik den Weg hineingeschafft hat?

Wohin bewegt es sich, wohin wandert es? Wo dockt es an? Auch auf diese Frage ist die Antwort, Stand heute, leider kurz: die toxikologische Forschung hat sich bisher nicht speziell mit den Auswirkungen von Nano- und Mikroplastik auf die Gesundheit von Kindern befasst. Obwohl erste Studien Hinweise auf das Verhalten und die Wirkung im Körper geben, ist dennoch das Fazit: nichts genaues weiß man nicht. Hinzu kommt, um die gesundheitlichen Effekte von Nano- und Mikroplastik ein- und abschätzen zu können, müssen sowohl deren Wechselwirkungen untereinander berücksichtigt werden als auch das Zusammenspiel mit Chemikalien (z. B. als Bestandteil des Plastiks, oder auch als Anlagerung an das Nano- und Mikroplastik). Eine komplexe Herausforderung also.

Die soziale Dimension & die Politik

Mit den Schlagworten Umweltgerechtigkeit, Umweltungerechtigkeit findet die soziale Dimension und die Ungleichbelastung mit schädlichen Umwelteinflüssen auch im Bereich Chemikalien und Gesundheit ihren Niederschlag. Bildung spielt eine Rolle, das Einkommen spielt eine Rolle, die Wohnumgebung oder der Kontinent. Das Handeln der Politik ist, mal wieder, dringend erforderlich.

Und bis dies genügend passiert, ist steht Hilfe zur Selbsthilfe an erster Stelle. Da freut sich auch die Kindergesundheit, unsere eigene und die Umwelt sowieso. Der Kontakt mit Nano- und Mikroplastik lässt sich für keinen für uns vermeiden, unsere modernes Leben fußt auch auf dem Einsatz und der vielseitigen Verwendung von Plastik in den unterschiedlichsten Produkten. Dennoch können wir die Höhe unserer Belastung zu einem wichtigen Teil selbst bestimmen.

Wie das geht? Plastik vermeiden! Konkrete Tipps gibt es zuhauf, die sich gut in den Alltag einbinden lassen. Auf unserer Infoseite zu Plastik haben wir einiges zusammengetragen.

Für wissenschaftlich Wissbegierige: Sripada et al. 2022. A children´s health perspective on nano- and microplastics. Environmental Health Perspectives, 130(1), 15 Seiten.